Berufsorientierung "Friseurausbildung" – Haare stylen will gelernt sein

Der Fachartikel richtet sich an Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I und II und eignet sich sowohl für den fächerübergreifenden Unterricht als auch für den Wirtschaftsunterricht. Der Artikel informiert über die Friseurausbildung und Grundzüge des Friseurhandwerks. Für Schülerinnen und Schüler mit handwerklichem Geschick, Kreativitäts- und Empathievermögen, Gespür für Trends sowie Interesse an Umwelt- und Digitalisierungsprozessen kann sich so in der Berufsorientierung eine neue Perspektive bieten. Zusätzlich zu Ausbildungsverlauf, -inhalt sowie Gesellenprüfung werden persönliche Qualitäten thematisiert, über die angehende Friseurinnen und Friseure verfügen sollten.

Fachartikel
  • Fächerübergreifend / Berufsvorbereitung /Berufsalltag / Arbeitsrecht
  • Sekundarstufe I, Sekundarstufe II, Berufliche Bildung

Zur Orientierung: Trendbewusstsein, Kreativität und Empathie

"Denken Sie daran, dass die Kunden nicht nur wegen der perfekten Frisur in den Salon kommen: Sie wollen auch verwöhnt und umsorgt werden" (Jany, Diekmann, Lipp-Thoben und Lück 2009: 7). Dieses Zitat verdeutlicht, dass für den Beruf der Friseurin / des Friseurs nicht nur technisches Geschick und fachliche Kenntnisse ausschlaggebend sind: Neben einer kreativen Ader, dem Sinn für Schönheit und Stil sowie einem Blick für Trends sollten Anwärterinnen und Anwärter des Friseurhandwerks durch Aufgeschlossenheit und Empathie charakterisiert sein. Ausgeprägte Kommunikationsfähigkeit sowie Einfühlungsvermögen helfen dabei, einen gleichermaßen unterhaltsamen wie taktvollen Kundenumgang zu realisieren. Des Weiteren ist die Befähigung zur Teamarbeit und ein guter Umgang mit Kritik von Vorteil (Jany, Diekmann, Lipp-Thoben und Lück 2009: 4ff.).

Zur Kategorie der Handwerks- und Dienstleistungsberufe zählend, muss die Friseurtätigkeit speziellen Anforderungen gerecht werden, die Kundinnen und Kunden an heutige Dienstleistungsarbeit stellen; sie umfasst diverse Dienstleistungen, die in den vergangenen Jahrzehnten stetig komplexer geworden sind: "Mit der traditionellen Tätigkeitsbeschreibung durch Waschen, Schneiden, Föhnen ist es schon seit Längerem nicht mehr getan. Inhalte wie Trend-, Typ- und Beautyberatung sowie eine stärkere Betonung kommunikativer Kompetenzen und neuer Anforderungen an handwerklich-praktische Fertigkeiten spielen eine zunehmende Rolle" (Bauer und Böhle 2020: 105). Der Verkauf zielgruppenorientierter Produkte ergibt sich als "logische Konsequenz [der] Beratung" (Jany, Diekmann, Lipp-Thoben und Lück 2009: 317). Des Weiteren werden etwa betriebswirtschaftliche sowie EDV-Kenntnisse vorausgesetzt (Jany, Diekmann, Lipp-Thoben und Lück 2009: 4).

Ablauf und Inhalte der Ausbildung

Die Basis für den gelungenen Eintritt in zahlreiche interessante Berufsfelder bildet die Friseurausbildung. Faktische Voraussetzung ist eine erfolgreich abgeschlossene Schullaufbahn (entweder mit Haupt-, Realschulabschluss, Abitur oder Fachabitur). Im Rahmen einer dreijährigen Ausbildung, die unter gewissen Bedingungen auf zwei Jahre verkürzt werden kann, erfolgt die Vermittlung der handwerklichen und theoretischen Kompetenzen des Friseurberufs. Erweitert durch überbetriebliche Kurse, ist der Hauptteil der Ausbildung praktisch orientiert und wird in einem Friseurmeisterbetrieb geleistet. Entsprechend den Öffnungszeiten des jeweiligen Salons findet der Praxisteil Vollzeit innerhalb dieser Zeitspannen statt. Der schulische Ausbildungsteil wird wöchentlich durch ein- bis zweimaligen Besuch der Berufsschule absolviert, alternativ in Form einer Blockveranstaltung. Beginn der Ausbildung ist meistens der 1. August oder 1. September, dies kann jedoch, je nach Betrieb, auch variieren (friseurhandwerk.de).

Den Auszubildenden ist eine angemessene Vergütung zuzusichern, die mindestens einmalig pro Jahr anzusteigen hat (friseur-news.de).

Die drei Ebenen der Qualifikationen

Laut Ausbildungsrahmenplan ist die Lehre dreier Qualifikationsgruppen vorgesehen: der sog. "Kernqualifikationen", der "Wahlqualifikationen" sowie der "integrativen Fertigkeiten". Erstere und letztere sind im Laufe der gesamten Ausbildung zu erwerben, die "Wahlqualifikationen" zwischen dem 19. und 36. Ausbildungsmonat. Unter den "Kernqualifikationen" werden Kenntnisse und Fähigkeiten subsumiert, die dem Beruf sein Profil verleihen: Neben klassischen Friseurdienstleistungen wie Haare schneiden und pflegen sowie dekorativen kosmetischen und Maniküre-Anwendungen fallen hierunter auch Kunden- und Betriebsmanagement sowie Marketing. Die "Wahlqualifikationen" umfassen die Konzeption von Langhaarfrisuren, das Arbeiten mit Haarersatz und Kolorationstechniken sowie pflegende kosmetische Maßnahmen und das Gestalten der Nägel. Die "integrativen Fertigkeiten" beziehen sich auf weitere übergeordnete Wissensbereiche wie Koordination des Betriebs, Berufsbildung, arbeits- und tarifrechtliche Fragen, sicherheits- und gesundheitsrelevante Aspekte sowie Umweltschutz (Jany, Diekmann, Lipp-Thoben und Lück 2009: 6f.).

Im Einzelnen gehört zur Behandlung der Haare auch die Pflege der Kopfhaut. Über das Schneiden gemäß klassischer und moderner Techniken hinaus sowie das Kolorieren werden das Verlängern, Verdichten und die Strukturveränderung der Haare erlernt sowie das Konzipieren von Frisuren aller Art. Des Weiteren geht es um die Aneignung der umfassenden Betreuung der Kundinnen und Kunden, stets mit dem Fokus auf deren speziellen Anliegen und individuellen Typen. Dazu zählt die erwähnte Beratung bezüglich der Produktauswahl und -anwendung sowie der Verkauf der entsprechenden Waren. Zudem gewinnt – analog zu Fragen der Nachhaltigkeit – das Thema Digitalisierung der Arbeitswelt mehr und mehr an Bedeutung (handwerk.de).

Die Gesellenprüfung

Die Ausbildung zur Friseurin / zum Friseur wird mit einer Gesellenprüfung abgeschlossen: Im ersten Prüfungsteil stehen klassische, im zweiten modische Friseurtätigkeiten im Zentrum; jeder der beiden Prüfungsteile umfasst wiederum einen theoretischen und einen praktischen Teil. Im Rahmen des praktischen Teils gilt es, das bereits Erlernte vorzuführen, indem jeweils eine zuvor in der Prüfungsmappe geplante und dokumentierte Damen- und Herrenfrisur anhand eigener Modelle realisiert wird. Im Theorie-Teil geht es um die korrekte Beantwortung berufsbezogener Fragestellungen. Am Ende der Ausbildungszeit ist der zweite Teil der Gesellenprüfung abzulegen. Analog zu Prüfungsteil eins müssen auch hier die gewonnenen fachspezifischen Kenntnisse und Fähigkeiten sowohl schriftlich als auch praktisch unter Beweis gestellt werden (friseurhandwerk.de).

Begleitend zur Ausbildung wird zudem ein handschriftlich oder per App geführtes Berichtsheft zur Dokumentation der individuellen Lernfortschritte erstellt, das zur Abschlussprüfung eingereicht wird. Zusätzlich unterstützt z. B. die Lern-Applikation "GETHAIR" die Auszubildenden bei der Aneignung der Lehrinhalte (friseurhandwerk.de).

Fazit

Der Friseurberuf basiert auf und eignet sich für Schülerinnen und Schüler mit handwerklichen und gestalterischen Fertigkeiten, die diese Skills in der Ausbildung mit fachspezifischem Wissen auskleiden können. Als Dienstleistungsberuf, der durch die direkte Arbeit am Menschen charakterisiert ist, erfordert er darüber hinaus vor allem intersubjektive Kompetenzen beziehungsweise eine empathische und ganzheitliche Wahrnahme der Kundinnen und Kunden sowie ihrer Haare (Dunkel 2006: 226f.). Während der in der Regel dreijährigen Ausbildung erlangen die Lehrlinge umfassende betrieblich-praktische wie theoretische Kenntnisse des Friseurhandwerks, die weit über Haare waschen und schneiden hinausreichen und beispielsweise Aspekte wie Digitalisierung oder Umweltschutz inkludieren. In der gestaffelten Gesellenprüfung wird das Erlernte schließlich demonstriert. Eine erfolgreich beendete Ausbildung eröffnet den Absolventinnen und Absolventen den Weg zu diversen Möglichkeiten der Weiterbildung und Spezialisierung (friseurhandwerk.de).

Verwendete Literatur

Bauer, Hans G. und Fritz Böhle (2020): Haarige Kunst. Über den Eigensinn des Haars und das Können von Friseuren. Wiesbaden: Springer.

Dunkel, Wolfgang (2006): "Interaktionsarbeit im Friseurhandwerk – Arbeit am Menschen und Arbeit am Gegenstand". In: Böhle, Fritz und Jürgen Glaser. Arbeit in der Interaktion – Interaktion als Arbeit. Arbeitsorganisation und Interaktionsarbeit in der Dienstleistung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. 219-234.

Jany, Petra, Karsten Diekmann, Hanna Lipp-Thoben und Dieter Lück (2009): Friseurfachkunde. 6. überarb. Aufl. Wiesbaden: Vieweg + Teubner.

Verwendete Internetadressen

Das Handwerk: "Friseur/-in". Online: https://www.handwerk.de/infos-zur-ausbildung/ausbildungsberufe/berufsprofile/friseurin.

friseur-news.de. "Ausbildungsvergüting". Online: https://friseur-news.de/der-friseurberuf/ausbildung/ausbildung-von-a-z/ausbildungsvergütung.

Zentralverband des deutschen Friseurhandwerks: "Ausbildung zur Friseurin und zum Friseur". Online: https://www.friseurhandwerk.de/karriere/ausbildung.html.

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Weiterführende Literatur

Asmus, Arno, Hans G. Bauer, Wolfgang Dunkel, Claudia Munz und Marcus Stiel (2004): „Entwicklungsmöglichkeiten durch qualifizierte Arbeit – Beispiele aus dem Friseur- und Kosmetikbereich”. In: Kreibich, Rolf und Britta Oertel. Erfolg mit Dienstleistungen. Innovationen, Märkte, Kunden, Arbeit – Beiträge der 5. Dienstleistungstagung des BMBF. Stuttgart: Schäffer-Poeschel. 271-274.

Attenberger, Adolf und Gabriele Schultz-Paasch (2017): Friseure – Fachkunde nach Lernfeldern. Troisdorf: Bildungsverlag Eins GmbH.

Dunkel, Wolfgang und Kerstin Rieder (2004): Interaktion im Salon. Analysen interaktiver Arbeit anhand eines Dokumentarfilms zum Friseurhandwerk. Forschungsbericht ISF München.

Dunkel, Wolfgang und Margit Weihrich (2010): Interaktive Arbeit. Theorie, Praxis und Gestaltung von Dienstleistungsbeziehungen. Wiesbaden: Springer VS.

Dunkel, Wolfgang, Hans G. Bauer und Claudia Munz (2005): „Gegenstand der Arbeit – der Mensch und sein Haar. Erfahrungsgeleitetes Arbeiten und Lernen im Friseurhandwerk”. In: BWP – Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis. 34:5. 14-17.

Hösl, Gabriele, Birgit Reime und Fritz Böhle (2001): Ausbildung der Kompetenzen für erfahrungsgeleitetes Arbeiten im Handwerk am Beispiel des Friseurberufs. Arbeitsanalyse. München.

Paul-Kohlhoff, Angela (2004): „Der Friseurberuf – Arbeit am Körper – Arbeit mit dem Körper”.  In: Janecke, Christian: Haar Tragen. Eine kulturwissenschaftliche Annäherung. Köln, Weimar, Wien: Böhlau. 49-60. 

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Portrait von Dr. Eva-Maria Heinze
Dr. Eva-Maria Heinze

Dr. Eva-Maria Heinze ist Philosophin, Kunsthistorikerin, Autorin und Dozentin und im Bildungs- und Kulturbereich tätig. Ihre Themenschwerpunkte sind Ethik und Nachhaltigkeit sowie Kunst, Ästhetik und Dialogik.

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