Hoch hinaus: Geheimtipp für die Berufsorientierung

Sie haben mathematikbegeisterte, energiegeladene und teamfähige Schülerinnen und Schüler in Ihrem Unterricht, die noch nicht so genau wissen, wohin ihre berufliche Reise gehen soll? In diesem Fachartikel lernen Sie einen spannenden Beruf kennen, der trotz seiner Relevanz Traumberufssuchenden (noch) nicht häufig empfohlen wird.

Fachartikel
  • Politik / SoWi
  • Sekundarstufe I, Sekundarstufe II, Berufliche Bildung

In der Sekundarstufe I, spätestens in der Oberstufe bildet eine Frage die Grundlage für viele Gesprächsanlässe, für Einladungen externer Expertinnen und Experten, für große und kleine Gesprächsrunden, mit und ohne Eltern: Welcher Beruf passt zu mir? Lehrkräfte können hier hilfreiche Begleitungen in der Findung einer möglichen Antwort auf eine der wohl wichtigsten Fragen eines Menschen sein.

Für eine bestimmte Gruppe von Schülerinnen und Schülern eröffnet sich in diesem Fachartikel ein Geheimtipp, der eigentlich gar kein Geheimnis ist, denn er begegnet uns – sowohl Lernenden als auch Lehrkräften sowie Eltern und allen anderen unserer Gesellschaft – so gut wie täglich, vielleicht an der Schule, zuhause, auf dem Festival oder an der Kirche. Die Rede ist vom: Gerüstbauer-Handwerk!

Egal ob an Wohn- und Bürogebäuden, an Brücken, klerikalen Bauwerken, Fluchttreppen, bei Industrieanlagen oder bei Eventveranstaltungen – Gerüste sind überall zu finden; und so divers, wie diese Aufzählung hier scheint, so abwechslungsreich zeichnet sich der Beruf von Gerüstbauer/innen aus.

Dieser Beruf eignet sich für Schülerinnen und Schüler, die

  • körperlich fit,
  • verantwortungsbewusst und
  • teamfähig sind ...

... und zudem auch noch ein

  • räumliches Vorstellungsvermögen,
  • Zahlenverständnis,
  • Interesse für Technik sowie
  • handwerkliches Geschick mitbringen.

Das Geschlecht ist hierbei nicht ausschlaggebend, auch wenn derzeit mehr Männer als Frauen im Gerüstbau arbeiten (geruestbaulehre.de). So schreibt die Bundesinnung Gerüstbau auf ihrer Webseite: "Trotz der körperlichen Anforderungen und des oftmals rauen Tons auf der Baustelle ist der Job für Frauen [...] genau richtig. [...] Nebenbei hilft der Job, selbstbewusster zu werden und sich durchzusetzen" (ebd.).

Die Aussichten in diesem Beruf gestalten sich weitreichend, und das nicht nur während der Arbeitszeit auf der Baustelle. Denn haben Sie gewusst, dass der Verdienst im Gerüstbau überdurchschnittlich im Vergleich zu anderen Handwerksberufen ist (geruestbaulehre.de) und dass man, im Gegensatz zum Studium, schon ab Beginn der Ausbildung Geld verdient? "'Laut Tarifvertrag gibt es [ab 1.10.2022 – Anm. d. Verf.] 965 Euro im ersten, 1.475 Euro im dritten Ausbildungsjahr', erklärt Marcus Nachbauer, Bundesinnungsmeister und Präsident des Bundesverbands Gerüstbau" (Bundesinnung Gerüstbau: Pressemitteilung).

Auch die Perspektiven nach der Ausbildung zeigen sich attraktiv, denn eine Festanstellung im Ausbildungsbetrieb ist sehr sicher (deinerstertag.de). So bewertet studyflix die Zukunfts- und Karrierechancen von Gerüstbauer/innen mit fünf von fünf Sternen als ausgezeichnet. Darüber hinaus sind Spezialisierungen und/oder Weiterbildungen (in Betrieben der Wahl) möglich: So sind einerseits Stellen bei "Gerüstbaufirmen, Brücken- und Tunnelbauunternehmen, Glas- und Fassadenreinigungsunternehmen oder in der Montage sowie beim Event- und Bühnenbau" zu erwähnen (deinerstertag.de).

Die Karriereleiter kann aber auch weiterhin durch Weiterbildungen zum/zur Gerüstbau-Montageleiter/in, Gerüstbau-Kolonnenführer/in oder gar zum/zur Gerüstbaumeister/in erklommen werden; mit letzterem befähigt man sich zur Führung eines eigenen Betriebs (geruestbauhandwerk.de). Sogar eine akademische Laufbahn kann zudem eingeschlagen werden, beispielsweise durch ein Studium des Bauingenieurwesens (deinerstertag.de).

Andererseits können sich Auszubildende und fertig Ausgebildete auch fortbilden und ihre individuelle Nische finden, beispielsweise in der "Baumaschinenführung, Bautechnik, Vermessung oder im Arbeits- und Umweltschutz" (deinerstertag.de). Der Beruf lässt es daher zu, sich auf ein Lieblingsgebiet zu spezialisieren und sich den individuellen beruflichen Steckenpferden und Interessen zu widmen.

Kurz und knapp: Von Beginn an gestaltet sich dieses Berufsfeld als finanziell und perspektivisch sicher wie abwechslungsreich und individuell gestaltbar.

Voraussetzungen: Ein Schulabschluss ist nicht notwendig, empfohlen wird aber, mindestens einen Hauptschulabschluss mitzubringen. Den Auszubildenden wird theoretisch und praktisch einiges geboten, denn wo Hebelgesetze, Kraftlehre oder Werkstoffkunde Prüfungsinhalte bilden, darf es an räumlichem Vorstellungsvermögen und fundierten Mathematik-Kenntnissen nicht fehlen (geruestbaulehre.de). In der Praxis, das heißt auf der Baustelle, ist zudem ein verantwortungsbewusstes, präzises Arbeiten in Teamarbeit unabdingbar (ebd.). Demnach bieten sich hier auch für Abiturientinnen und Abiturienten, die keine akademische Laufbahn einschlagen möchten, anspruchsvolle Lerninhalte.

Die Ausbildung, die in der Regel drei Jahre umfasst und sowohl in den Betrieben als auch an den Bildungszentren Dortmund, Groß-Gerau/Weiterstadt und Magdeburg/Berlin durchgeführt wird, beinhaltet unter anderem die Ausbildungseinheiten Auf-, Um- und Abbauen von verschiedenen Gerüsttypen; Planung und Koordination von Arbeitsabläufen; selbstständige Arbeitsausführung im Team; Dokumentation, Qualitätssicherung und Leistungsberechnung sowie Bedienung und Instandhaltung von Geräten (geruestbauhandwerk.de). Die theoretische Ausbildung an den Bildungszentren findet dabei blockweise statt, während der Großteil der Ausbildung in den Betrieben mit erfahrenen Kolleginnen und Kollegen selbst durchgeführt wird (ebd.).

Auch der Berufsalltag gestaltet sich sehr umtriebig, denn Konstruktionszeichnungen müssen angefertigt, der Baustellenplan geprüft, Lkw beladen und Baustellen planmäßig eingerichtet werden (deinerstertag.de). Und natürlich geht es hoch hinaus, denn die einzelnen Gerüstteile müssen im Team fachgerecht auch oben montiert werden. Als Kolonnenführer/in führt man nach Gerüsterrichtung eine Sicherheitsüberprüfung durch und gibt das Gerüst zur Nutzung letztlich frei.

Fazit: Berufsorientierung findet ab der Sekundarstufe I zwischen Lehrkraft und Schüler/in statt. Lehrkräfte können hier eine fundierte Unterstützung bieten, denn sie kennen ihre Lernenden teilweise über Jahre hinweg. Sie schätzen Kompetenzen, Interessen und Potenziale ein und können damit auch neue Berufsperspektiven aufzeigen. Bei mathematisch wie auch körperlich fitten Schülerinnen und Schülern, die sich auch für technische und handwerkliche Themen begeistern,könnte der Gerüstbau ein Berufsfeld sein, in welchem sie anspruchsvolle und vielfältige Tätigkeiten mit überdurchschnittlichem Verdienst und vielen Möglichkeiten der individuell passenden Weiterbildung finden.

Fachartikel "Hoch hinaus: Geheimtipp für die Berufsorientierung" zum Download

Verwendete Internetadressen

Ausbildung im Gerüstbauer-Handwerk: https://www.geruestbauhandwerk.de/aus-und-fortbildung/ausbildung/

Dein erster Tag: https://www.deinerstertag.de/beruf/geruestbauerin-bundesinnung-fuer-das-geruestbauer-handwerk/

Fortbildung im Gerüstbauer-Handwerk: https://www.geruestbauhandwerk.de/aus-und-fortbildung/fortbildung/

Gerüstbaulehre: https://www.geruestbaulehre.de/

Studyflix: https://studyflix.de/ausbildung/berufe-ausbildung/gerustbauer-gerustbauerin-4009.   

Verwendete Literatur

Bundesinnung für das Gerüstbauer-Handwerk, Pressemitteilung: Ausbildungsstart 2020/21: #HIGHsociety – Perspektive im Gerüstbauer-Handwerk. 

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Autorin

Portrait von Sophie Ciciliani
Sophie Ciciliani

Sophie Ciciliani ist Gymnasiallehrerin und unterrichtete im In- und Ausland in den Fächern Deutsch, Englisch und Deutsch als Fremd- und Zweitsprache. Zudem ist sie zertifizierte Entspannungspädagogin. Als Projektleiterin und Redakteurin arbeitet sie bei Lehrer-Online.

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